Skat ist Sport, daran habe ich überhaupt keinen Zweifel. Und wie jeder Sport ist auch der Skatsport sehr stark reglementiert. Die Internationale Skatordnung findet bei allen Turnieren Anwendung.
Und wie bei jedem anderen Sport auch spielt Fairness beim Skat eine sehr, sehr wichtige Rolle. Und das ist beim Skat – finde ich – weit verbreitet. Die Fairness beim Skat ist so wichtig, dass sie sogar Einzug in die Skatordnung gefunden hat. Und nebenbei ist das die einzige Regel, die durch Fettschrift hervorgehoben wird.
ISkO 4.5.2 Alle Teilnehmer haben sich in jeder Situation fair, sachlich und sportlich zu verhalten und kein fadenscheiniges Recht zu suchen.
Das ist meiner Meinung nach die wichtigste Regel der gesamten Skatordnung. Dass Fairness oftmals weit über die Skatordnung hinaus geht, durfte ich bei einer Qualifikation zur Einzelmeisterschaft „live“ erleben.
Es lief insgesamt nicht besonders. Ich kämpfte um jeden Punkt und kam dennoch nur zu durchschnittlichen Ergebnissen. Auch in der letzten Serie des Tages war das nicht anders. Dann bekam ich nach langer Wartezeit endlich mal ein brauchbares Spiel auf die Hand. Ich drückte und sagte Grand an. Nur hatte ich gar keinen Grand auf der Hand! Vor lauter Freude über das Spiel habe ich mich in der Ansage vertan. Ich korrigierte schnell auf „Kreuz“, mein eigentliches Spiel.
Die Rechtslage ist eindeutig. Meine erste Spielansage zählt und ich wäre zur Durchführung eines Grand-Spiels verpflichtet. Den hätte ich niemals gewonnen. Am Tisch wurde es schlagartig still. Nach mir endlos vorkommenden Sekunden sagte der Spieler in Vorhand: „Na, dann spielen wir mal Kreuz“ und spielte aus. Ich gewann mein Spiel.
Keiner meiner Mitspieler kannte mich näher oder hatte sonst irgendeinen Grund, mir einen Gefallen zu tun. Hätte einer von ihnen auf einen Grand bestanden, dann hätte ich das ohne ein Widerwort akzeptiert und mich vermutlich gestreckt. Die drei Spieler haben auf 30 sichere Punkte verzichtet, weil sie ihre Punkte lieber erkämpfen als durch Regelverstöße geschenkt bekommen wollen.
Ich möchte auch ein solch fairer und sportlicher Skatspieler sein. Und vor diesem Erlebnis war ich mir nicht sicher, wie ich in einer ähnlichen Situation als Gegenspieler reagiert hätte. An diesem Tag habe ich meine eigene Messlatte für Fairness beim Skat noch ein wenig höher gelegt.
Ein anderer Fall, bei dem ich zum Glück auf der anderen Seite saß. Eine etwas unerfahrene Skatspielerin reizte bis 36, schob den Skat ungesehen zu sich und sagte „Kreuz“ an. Vorhand wartete geduldig. Irgendwann fragte ich (in Hinterhand): „Was spielst Du?“. „Kreuz“, wiederholte sie. Nachdem Vorhand sich weiterhin weigerte, eine Karte auszuspielen, ergänzte sie: „Hand“. Dann eröffnete Vorhand das Spiel. Sie kannte die Regel nicht, nach der jede Spielstufe, die gezählt werden will, auch angesagt werden muss. Nach dem Spiel hatten wir sie darauf hingewiesen. Schneider hätte sie uns nie gespielt, ihr Kreuz Hand hatte sie souverän gewonnen.
Ich werfe keinem Spieler etwas vor, der sich in so einer Situation anders verhält. Vorhand hätte ausspielen können und am Ende des Spiels wäre das Spiel als einfaches Kreuzspiel zu Ungunsten der Alleinspielerin abgerechnet worden. Genau wie ich meinen Grand verloren hätte. Man kann niemandem einen Vorwurf machen, der sich an die Regeln hält und bei seinen Mitspielern auf die Einhaltung dieser Regeln besteht.
Aber diese Beispiele zeigen, dass Skat mehr ist als die Summe seiner Regeln. Und ich bezeichne die Spieler an meinem Tisch lieber als „Mitspieler“ statt als „Gegner“.