Das fadenscheinige Wünsch-Dir-Was

Eine Anfrage zur Skatordnung:

Es sind noch vier Stiche zu spielen. Der Alleinspieler in Vorhand zeigt seine Karten und sagt „Der Rest ist mir!“. Er hat noch die drei höchsten Trümpfe und die letzte im Spiel befindliche Herzkarte. Einer der Gegenspieler meldet nun an, dass die restlichen Stiche an die Gegenspieler gehen, denn der Alleinspieler könnte noch einen Stich abgeben wenn er anstatt einer seiner Trumpfkarten die letzte Herzkarte ausspielen würde. Er selbst könnte diese dann stechen.

Ein klassischer Fall für ISkO 4.5.2:

Alle Teilnehmer haben sich in jeder Situation fair, sachlich und sportlich zu verhalten und kein fadenscheiniges Recht zu suchen.

Der Gegenspieler sucht hier natürlich fadenscheiniges Recht. Die Gegenspieler können das Spiel nicht gewinnen und anstatt dies zu akzeptieren wird ein Regelverstoß konstruiert, um das unverlierbare Spiel des Alleinspielers umzubiegen.

Durch das Zeigen der Karten und die Abgabe der Erklärung „Der Rest ist mir!“ ist der Alleinspieler verpflichtet, alle restlichen Stiche zu machen. In der Skatordnung steht aber nirgends, dass der Alleinspieler dabei auch noch die dümmst mögliche Karte auszuspielen hat. Mit dieser „Argumentation“ könnte man jedesmal, wenn der Alleinspieler seine Karten zeigt, soetwas konstruieren. Der Alleinspieler könnte ja falsch bedienen oder plötzlich auf „Mau Mau“ umschwenken und beim Ausspiel einer 7 zwei Karten ziehen.

Wenn die Gegenspieler der Meinung sind, dass sie noch einen Stich machen, dann wird das Spiel einfach – mit offengelegten Karten des Alleinspielers – fortgesetzt. Der Alleinspieler darf dann aber natürlich weiterhin nach seinem Belieben weiterspielen. Er muss sich auch nicht die Augen verbinden oder beide Hände auf dem Rücken verschränken. Machen die Gegenspieler dann tatsächlich einen Stich, dann gehen alle Stiche seit dem Auflegen der Karten an sie. Das soll ja recht häufig vorkommen.

 

Fadenscheiniges Recht

Die Internationale Skatordnung ist das verbindliche Regelwerk für alle Skatspieler. Und es ist wichtig, dass sich alle Spieler daran halten. Und wenn man einmal gegen eine Regel verstößt, dann steht in der Skatordnung auch, was dann passiert.

Bei vielen Verstößen wird das Spiel zu Gunsten der Gegenpartei beendet, z.B. dann, wenn falsch bedient wird oder ein Spieler falsch ausspielt.

Es gibt aber durchaus Verstöße gegen die Skatordnung, die allein deswegen entstehen, weil sie von einem Gegenspieler provoziert werden. Und für diese Fälle gibt es die wichtigste Regel in der Skatordnung. Spieler haben kein fadenscheiniges Recht zu suchen.

Die Entscheidungssammlung des Internationalen Skatgerichts ist voll mit solchen Fällen. Und ich habe diese Fälle immer mit Begeisterung gelesen, war aber zum Glück noch nie in einer solchen Situation.

Bis vor Kurzem. Da hatte ich einen Spieler am Tisch, der es sich offensichtlich zum Spaß gemacht hat, seine Mitspieler zu Verstößen zu provozieren. Es fing damit an, dass er den Alleinspieler zum Ausspiel aufforderte obwohl dieser gar nicht in Vorhand war. Zu diesem Zeitpunkt hielt ich das noch für ein Versehen, immerhin waren wir ein Dreiertisch, da kommt man schonmal durcheinander. Da der Alleinspieler sich sicher war, nicht in Vorhand zu sein, hat er das „Versehen“ bemerkt.

Später wurde ich zum Alleinspieler. Und da wurde mir klar, dass die Aufforderung zum Ausspiel kein Versehen war. Ich sagte ein Null Ouvert-Spiel an. Noch bevor ich meine Karten hinlegen konnte, spielte der Spieler aus. Ich machte mir nichts daraus und legte meine Karten auf. Der Spieler stellte nun fest, dass ich gegen ISkO 2.2.5 verstoßen habe und verlangte, dass mir das Spiel als verloren abgeschrieben wird.

Bei offenen Spielen hat der Alleinspieler noch vor dem ersten Ausspielen (Anspielen) seine zehn Handkarten aufzulegen. Geschieht das nicht, hat ihn die Gegenpartei dazu aufzufordern. Die Karten müssen deutlich sichtbar, nach Farben gruppiert und in Folge geordnet sein. Ist das nicht der Fall, darf die Gegenpartei die Kartenanordnung korrigieren.

Die Sache hat nur einen Haken. ISkO 2.2.5 ist eine der Regeln, die überhaupt nicht vorsieht, dass man bei einem Verstoß dagegen sein Spiel sofort verliert. Zeige ich bei einem offenen Spiel meine Karten nicht, müssen mich die Gegenspieler zum Zeigen der Karten auffordern.

Nebenbei war das vorschnelle Ausspielen der Karte natürlich nichts anderes als eine ganz linke Nummer. Hätte dieser Skat-Großmeister tatsächlich darauf bestanden, dass ich mein Spiel verlieren müsste, hätte ein Schiedsrichter den Spieler vermutlich verwarnt.

Der Spieler startete noch ein paar vergebliche Versuche, durch fadenscheiniges Recht das Ergebnis zu beeinflussen, alle ohne Erfolg. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals mit einem solchen Spieler gespielt zu haben. Und ich kann auch in Zukunft gerne drauf verzichten. Das war das erste Mal, dass ich mir eine Ignore-Liste für Offline-Skat-Veranstaltungen gewünscht habe…