Sie sind der Meinung, das war…

Wie wird eigentlich „Spitze“ gespielt?

Diese Frage wurde mir neulich gestellt. Ich musste dann erstmal ein wenig recherchieren, denn ich kannte diese Skatvariante so gut wie gar nicht.

„Spitze“ ist eine Variante aus dem „Kneipenskat“, sie ist also im offiziellen Regelwerk nicht zu finden.

Bei einer „Spitze“ muss der letzte Stich mit dem niedrigsten Trumpf (also der Trumpf 7 bei einem Farbspiel bzw. dem Karo Buben bei einem Grand) gemacht werden. Der Spielwert erhöht sich damit um 1 (also z.B. „Mit 1 Spiel 2 Hand 3 Spitze 4). Es kann auch noch weitere Spitzen geben, dann muss der vorletzte Stich mit dem zweitniedrigsten Trumpf gemacht werden usw. Jede gemachte Spitze erhöht den Spielwert um 1.

Zudem kann der Alleinspieler Spitzen ansagen. Damit erhöht sich sowohl der Reizwert als auch der Spielwert um 1, also z.B. „Mit 1 Spiel 2 Hand 3 Spitze angesagt 4“ (beim Spielwert kommt dann noch die erspielte Spitze dazu). In diesem Fall muss der Alleinspieler den letzten Stich mit dem niedrigsten Trumpf machen, sonst verliert er sein Spiel. Auch hier können weitere – theoretisch bis zu 10 – Spitzen angesagt werden.

Spitzen sind natürlich in erster Linie ein Teuermacher. Ein Spieler, der ein sehr gutes Blatt hat und das Glück hat, die niedrigsten Trümpfe auf der Hand zu haben, kann leicht ein einfaches Karospiel teurer als einen Grand machen.

Wesentlich interessanter sind angesagte Spitzen. Ist der Alleinspieler gezwungen, den letzten Stich mit dem kleinsten Trumpf zu machen, kann sich daraus ein völlig anderes Spiel ergeben. Denn die Gegenspieler haben nun zwei Möglichkeiten, das Spiel zu gewinnen: a) sie erhalten 60 Augen oder b) sie machen den letzten Stich. Da werden plötzlich vom Alleinspieler angebotene Asse nicht mehr gestochen sondern die eigenen Trümpfe werden geschont, damit man den letzten Stich mit der Trumpf 7 übernehmen kann. Der Alleinspieler hat dann zwar 110 Augen, aber dennoch verloren.

Ich bin dennoch kein Freund dieser Kneipenskatregel, denn meist macht sie ein ohnehin schon gutes Spiel einfach nur viel, viel teurer.

Zum Abschluss noch ein paar mir bekannte Varianten der „Spitze“:

  • Spitzen beim Grandspiel können erlaubt oder verboten werden
  • Man kann auf eine einzige oder eine maximale Anzahl Spitzen beschränken
  • Spitzen, die gewertet werden sollen, müssen vom Alleinspieler angesagt werden

Mit Reizen geizen

Ich hatte neulich dieses Blatt:

Kreuz BubeKaro BubePik AssPik KönigPik Dame
Pik 7Herz KönigHerz DameKaro AssKaro 9

Ich bin in Vorhand, Mittelhand passt sofort. Als Hinterhand mir 22 bietet, passe ich.

Hinterhand nimmt den Skat auf, drückt und sagt „Pik“ an. Aua. Er kommt mit 42 Punkten gerade so aus dem Schneider.

Was passiert ist, ist klar. Hinterhand hat die restlichen fünf Trumpf in Pik, Herz und Kreuz Ass und kann die Karo 10 sogar drücken. Da ich sechs Trumpf habe und zudem noch Kreuz frei bin, hat er dennoch keine Gewinnchance.

Nach dem Spiel musste ich mir Einiges anhören. „Maurer“ war noch die netteste Bezeichnung. Er hat sich darüber aufgeregt, dass ich bei 22 gepasst habe, obwohl ich ja selbst ein Pik-Spiel auf der Hand habe.

Und das ist genau der Punkt: Ich habe tatsächlich mein maximales Reizgebot nicht gehalten, sondern habe ein Reizgebot niedriger gepasst. Ich habe dabei aber – ausnahmsweise – alles richtig gemacht. Reizt Hinterhand selbst ein Pik-Spiel (was hier der Fall war),dann habe ich kaum eine Chance, das Spiel zu gewinnen. Reizt er etwas anderes (z.B. ein Kreuz-Spiel), dann nützt es mir nichts, dass ich die 22 halte, Hinterhand wird mir auch die 23 bieten. Also war es richtig von mir, bereits bei 22 zu passen.

Das geht natürlich nur, wenn ich in der „hören“-Position bin. Wenn ich selbst reizen muss, dann reize ich die 22, denn ich möchte meinem Gegenspieler ja kein Herzspiel überlassen.

Dass ich mich so verhalte, ist für meinen Partner eine wichtige Information. Denn er muss für den Fall, dass Hinterhand etwas anderes spielt wissen, dass ich kein Herz-Spiel, sondern ein Pik-Spiel gereizt habe.

Es gibt eine Ausnahme. Beim Reizwert 36 kommen zwei Spiele in Frage. Hinterhand kann dann ein Karo- oder ein Kreuz-Spiel reizen. Habe ich also z.B. ein Kreuz mit 2, dann werde ich die 36 halten, falls Hinterhand ein Karo ohne 3 reizt (oder ein Karo Hand ohne 2). Auch wenn ich damit riskiere, dass Hinterhand selbst ein Kreuz-Spiel gereizt hat.

Hinterhand war übrigens ein erfahrener Skatspieler, der das sehr genau kennt und auch selbst anwendet. Er war wohl einfach sauer wegen des verlorenen Spiels…

Black is beautiful

Aus einer Support-Anfrage:

Skat-Online hat (mal wieder) ein Spiel falsch abgerechnet. Er habe einen Grand gespielt und keinen einzigen Stich gemacht. Skat-Online habe daraufhin das Spiel „Schwarz“ abgerechnet, das wäre aber falsch, denn er hätte ja 14 Augen gedrückt.

Skat-Online hat aber (mal wieder) alles richtig gemacht. Denn die Definition von „Schwarz“ ist diese:

ISkO 5.2.4 Schwarz ist die Partei, die keinen Stich erhalten hat.

Augen spielen hier – im Gegensatz zum Schneider – also gar keine Rolle. Demnach ist eine Partei, die einen Stich mit 0 Augen macht, nicht Schwarz. Und außerdem ist es völlig egal, was der Alleinspieler gedrückt hat.

Übrigens: Bei Ouvert-Spielen ist es genauso. Auch hier spielen die Augen keine Rolle. Der Alleinspieler verliert, wenn die Gegenspieler einen Stich machen. Auch dann, wenn dieser Stich keine Augen enthält.

 

Kurze Freundschaft

Es gibt da im Skat eine „Regel“. Fast jeder Skatspieler ist in seinem Leben schonmal darüber gestolpert. Für viele war es die erste Regel, die sie – neben dem „reinen“ Regelwerk – kennengelernt haben. Und für viele ist sie nach wie vor heilig.

Dem Freunde kurz, dem Feinde lang.

Das Ziel dieser Regel: Spiele ich – insbesondere zum ersten Stich – aus, dann spiele ich eine Karte meiner langen Farbe, wenn der Alleinspieler (= Feind) in Mittelhand sitzt. Ist der Alleinspieler in Hinterhand und damit mein Partner (= Freund) in Mittelhand, dann soll ich eine Karte einer kurzen Farbe ausspielen.

Diese „Regel“ ist völliger Blödsinn.

Das Aufspiel ist beim Skat häufig spielentscheidend. Das richtige Aufspiel und das Spiel wird gewonnen, das falsche und dasselbe Spiel ist ungewinnbar. Diesen wichtigen Spielzug auf eine so simple Regel reduzieren zu wollen, kann überhaupt nicht funktionieren.

Leider gibt es nicht wenige Skatspieler, die diese Regel nicht als Orientierungshilfe für blutige Skatanfänger verstehen, sondern als unumstößliches Dogma betrachten. Sie betrachten es geradezu als Frevel, dagegen zu verstoßen.

Die Regel hat einen kleinen Nachteil: Sie stimmt. Manchmal. Natürlich gibt es Spiele, in denen genau die lange bzw. kurze Farbe die richtige Wahl ist und das Spiel daher gewonnen wird. Und genau diese Spiele sind es, die für die „Gläubigen“ den unwiederlegbaren Beweis dafür erbringen, dass diese Regel vollkommen richtig ist. Es soll ja auch Leute geben, die glauben, dass Punxsutawney Phil verlässlich voraussagen kann, wie der Frühling wird. Manchmal hat’s ja immerhin gestimmt.

Aber schauen wir uns die einzelnen Elemente der Regel mal genauer an:

Dem Feinde lang: Das ist erstmal gar nicht so verkehrt. Ist der Alleinspieler in Mittelhand, dann spiele ich meine lange Farbe vor. Mein Partner kann diese Farbe vielleicht stechen oder der Alleinspieler muss selbst einen Trumpf opfern.

Aber angenommen, ich habe in der Trumpffarbe ein blankes Ass und in einer anderen Farbe eine blanke Lusche. Warum sollte ich hier nicht mal die blanke Lusche vorspielen? Mein Partner hat vielleicht das Ass dieser Farbe oder der Alleinspieler schnippelt und bringt so meinen Partner an den Stich. Der kann die Farbe nachspielen und ich versteche mein blankes Trumpf Ass.

Dem Freunde kurz: Das ist nun wirklich absoluter Humbug. Der „Sinn“ dieser Regel ist der: Ich spiele eine kurze – wenn möglich blanke – Farbe aus, mein Partner kann diese übernehmen und die Farbe dann weiter dem Alleinspieler – der jetzt in der für die Gegenspieler günstigeren Mittelhandposition sitzt – diese Farbe präsentieren, auf die ich dann schmieren oder die ich stechen kann.

Natürlich gibt es auch hier Beispiele, bei denen das blanke Ausspiel genau die richtige Eröffnung ist. Sie kann z.B. dann sinnvoll sein, wenn mein Partner diese Farbe gereizt hat. Aber sehr, sehr oft ist das blanke Ausspiel die Garantie für den Alleinspieler, sein Spiel zu gewinnen.

Ein Beispiel:

Spiel des Monats September 2008: Der Alleinspieler in Hinterhand spielt ein Kreuz mit 5, Karo Ass auf der Hand und 13 Augen gedrück. Der Ausspieler eröffnet entgegen der Regel mit seiner längsten Farbe, der Alleinspieler verliert mit 53 Augen. Hätte der Ausspieler mit seiner kurzen Farbe (das Herz Ass) eröffnet, hätte der Gegenspieler in Mittelhand keine Möglichkeit mehr, seinen Partner ans Spiel zu bringen und der Alleinspieler hätte das Spiel gewonnen.

Man erkennt oftmals schnell, wenn Spieler immer nach dieser Regel eröffnen. Man kann sich dann sehr gut darauf einstellen und dann Spiele wagen, die man sonst vielleicht nicht spielen würde. Das beste Beispiel ist der an anderer Stelle vorgestellte „Blender-Grand“. Habe ich einen „Dem Freunde kurz“-Jünger am Tisch in Vorhand, bin ich eher bereit, den Grand zu wagen, da er, wenn er meine lange Farbe blank hat, diese ausspielen wird und ich Mittelhand so die 10 rausschnippeln kann.

 

Die Gegenfarbe

Ich habe ja neulich über den erlaubten Kartenverrat beim Doppelkopf geschimpft. Ich muss das jetzt ein wenig revidieren.

Denn auch beim Skat gibt es durchaus einige – reguläre – Möglichkeiten, seinem Mitspieler Hinweise auf sein Blatt zu geben. Die meiner Meinung nach wichtigste Möglichkeit möchte ich hier kurz vorstellen.

Der Alleinspieler spielt einen Grand. Ich bin Teil der Gegenpartei und mein Partner in Vorhand spielt den Kreuz Buben aus.

Dies kann bedeuten, dass er selbst trumpfstark ist (z.B. hat er neben dem Kreuz Buben noch einen zweiten oder sogar dritten Buben), es kann aber auch bedeuten, dass er kein Ass zum Anspielen hat und sich von mir eine Information wünscht, welche Farbe er nachspielen soll.

Egal, aus welchem Grund mein Partner den Kreuz Bubgen gespielt hat: Jetzt ist es an mir, meinem Partner zu helfen und ihm zu zeigen, was ich auf der Hand habe. Und hier greift das Konzept der „Gegenfarbe“. Angenommen, ich habe eine ziemlich lange Farbe mit dem Ass. Ich kann dieses Ass nun schmieren und werde das ggf. auch genau dann tun, wenn ich neben dem Ass noch mindestens die 10, besser auch noch den König habe. Viel besser ist es aber, wenn ich meinem Partner dieses Ass anzeigen kann, ohne die Farbe selbst spielen zu müssen. Und genau hier greift das Konzept der Gegenfarbe. Ich lege also die höchste Karte der Gegenfarbe in den Stich. Mein Partner kann jetzt meine Ass-Farbe ausspielen und ich kann mit dem Ass den Alleinspieler zum Stechen zwingen.

Was genau ist aber die Gegenfarbe? Das ist ganz einfach:

Die Gegenfarbe zu Kreuz ist Pik und umgekehrt.
Die Gegenfarbe zu Herz ist Karo und umgekehrt.

Auch wenn ich selbst kein eigenes Ass habe, muss ich die Gegenfarbe bei meiner Wahl berücksichtigen. Habe ich z.B. in einer Farbe 10 und Lusche auf der Hand, dann möchte ich nicht, dass mein Partner diese Farbe anspielt (und der Alleinspieler meine 10 rausschnippeln kann). Also werde ich die Gegenfarbe meiden.

Es gibt zahlreiche Situationen, in der die richtige Anzeige der Gegenfarbe über Sieg oder Niederlage entscheidet. Oft sind beide Gegenspieler nur gemeinsam stark und dann kann es entscheidend sein, dass mein Partner möglichst schnell über meine Stärken informiert wird.

Ein Beispiel: Im Spiel des Monats März 2011 muss der Alleinspieler wegen dem Pik Buben im Skat einen Notgrand spielen. Er gewinnt das Spiel. Hätte der Gegenspieler den Kreuz Buben gespielt, um seinem Partner die Möglichkeit zu geben, seine starke Farbe zu zeigen (hier: die Karo 8 um das Herz Ass zu zeigen), wäre der Alleinspieler schwarz geworden.

Auch zu dieser Regel gibt es natürlich Ausnahmen. Wenn mein Partner den Kreuz Buben spielt und ich habe eine blanke 10 auf der Hand, dann kann es sinnvoll sein, diese zuzugeben statt stur auf die Gegenfarbe hinzuweisen. Eventuell kann mein Partner ja auf Grund meiner Reizung auf meine lange Farbe schließen, dann ist ein weiterer Hinweis über die Gegenfarbe gar nicht erforderlich.

Die Gegenfarbe ist also ein sehr mächtiges Instrument für die Gegenspieler, um dem Partner früh im Spiel oftmals entscheidende Hinweise zu geben. Und das völlig regelkonform!

Der Grand, der (vielleicht?) keiner ist

Folgendes Blatt in Vorhand:

Kreuz BubeKaro BubeHerz AssHerz KönigHerz Dame
Herz 9Herz 7Karo AssKaro 10Karo 7

Auf den ersten Blick ein gutes Blatt. Ein todsicherer Grand. Oder?

Der Grand wird immer genau dann sicher gewonnen, wenn entweder die beiden restlichen Bauern verteilt sind oder die Herz 10 blank sitzt. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird der Grand dann sogar Schneider. Liegen aber sowohl die Bauern auf einer Hand und die Herz 10 ist nicht blank, dann wird es schwierig, dieses Spiel zu gewinnen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass sowohl die Bauen als auch die beiden Herzkarten auf einer Hand sitzen, liegt bei weniger als 25% (50% für die Bauern, 50% für die Herzkarten und durch den Skat, in dem ja auch noch Bauern und/oder Herz liegen können, kommen wir auf unter 25% Gesamtwahrscheinlichkeit).

Aber selbst dann habe ich das Spiel ja noch nicht verloren. Ich habe immerhin zwei Bauern, drei Volle und bin in Vorhand.

Bei einem Grand, bei dem Bauern und Herz auf einer Hand sitzen, mache ich aus eigener Kraft mindestens 41 Augen:

Ich spiele Kreuz Bauer, darauf fällt Herz Bauer und eine Lusche (+4). Herz Ass wird mir abgestochen, Hinterhand legt natürlich die Herz 8 drauf. Mir wird ein schwarzes Ass angeboten (wieder mit einer Lusche), das ich steche (+13). Jetzt spiele ich noch Karo Ass und 10, auf das ich mindestens die Karo Dame bekomme (+24).

Für ein Blatt, das auf den ersten Blick so gut aussieht, sind 41 Augen nicht allzu viel. Aber ich mache schlimmstenfalls gerade einmal vier Stiche!

Das Blatt ist also ein klassischer Blender. Es gaukelt mir einen großartigen Grand vor. Eine todsichere Sache ist der Grand aber auf keinen Fall.

Immerhin: In mindestens drei von vier Fällen ist der Grand unverlierbar und wird mit großer Wahrscheinlichkeit sogar Schneider gespielt. Und selbst im „Fall der Fälle“ habe ich den Grand noch lange nicht verloren. Ich erreiche mindestens 41 Augen aus eigener Kraft, zusätzlich zu den Karten im Skat. Sobald ich mehr Augen zum Stechen angeboten bekomme oder die Karokarten besser verteilt sitzen, kann ich kaum noch verlieren.

Ich möchte aber an diesem Beispiel zeigen, dass es sich lohnt, jedes Blatt nocheinmal genau anzuschauen, bevor man sich blenden lässt und plötzlich mit einem verlorenen Spiel dasteht.

Ich habe für mich aus diesem Blatt folgende Schlüsse gezogen:

  • Bei einem Preisskat oder Clubabend werde ich damit immer einen Grand reizen und spielen.
  • Ich werde beim Grand immer in den Skat schauen. Ich muss wissen, was und wie viele Augen im Skat liegen, damit ich im „Fall der Fälle“ genau weiß, wann ich gewonnen habe.
  • Bei einem Liga-Spiel oder Mannschaftswettbewerb werde ich vermutlich nur das unverlierbare Herz Hand spielen. Wenn mich aber einer der Gegenspieler über die 30 hebt, werde ich auf Grand gehen (immerhin steigt damit auch die Wahrscheinlichkeit, dass er „ohne 2“ reizt und damit die Bauern verteilt sind).

So, und jetzt könnt Ihr mich einen Feigling nennen.

Die wichtigste Skatregel

Skat ist Sport, daran habe ich überhaupt keinen Zweifel. Und wie jeder Sport ist auch der Skatsport sehr stark reglementiert. Die Internationale Skatordnung findet bei allen Turnieren Anwendung.

Und wie bei jedem anderen Sport auch spielt Fairness beim Skat eine sehr, sehr wichtige Rolle. Und das ist beim Skat – finde ich – weit verbreitet. Die Fairness beim Skat ist so wichtig, dass sie sogar Einzug in die Skatordnung gefunden hat. Und nebenbei ist das die einzige Regel, die durch Fettschrift hervorgehoben wird.

ISkO 4.5.2 Alle Teilnehmer haben sich in jeder Situation fair, sachlich und sportlich zu verhalten und kein fadenscheiniges Recht zu suchen.

Das ist meiner Meinung nach die wichtigste Regel der gesamten Skatordnung. Dass Fairness oftmals weit über die Skatordnung hinaus geht, durfte ich bei einer Qualifikation zur Einzelmeisterschaft „live“ erleben.

Es lief insgesamt nicht besonders. Ich kämpfte um jeden Punkt und kam dennoch nur zu durchschnittlichen Ergebnissen. Auch in der letzten Serie des Tages war das nicht anders. Dann bekam ich nach langer Wartezeit endlich mal ein brauchbares Spiel auf die Hand. Ich drückte und sagte Grand an. Nur hatte ich gar keinen Grand auf der Hand! Vor lauter Freude über das Spiel habe ich mich in der Ansage vertan. Ich korrigierte schnell auf „Kreuz“, mein eigentliches Spiel.

Die Rechtslage ist eindeutig. Meine erste Spielansage zählt und ich wäre zur Durchführung eines Grand-Spiels verpflichtet. Den hätte ich niemals gewonnen. Am Tisch wurde es schlagartig still. Nach mir endlos vorkommenden Sekunden sagte der Spieler in Vorhand: „Na, dann spielen wir mal Kreuz“ und spielte aus. Ich gewann mein Spiel.

Keiner meiner Mitspieler kannte mich näher oder hatte sonst irgendeinen Grund, mir einen Gefallen zu tun. Hätte einer von ihnen auf einen Grand bestanden, dann hätte ich das ohne ein Widerwort akzeptiert und mich vermutlich gestreckt. Die drei Spieler haben auf 30 sichere Punkte verzichtet, weil sie ihre Punkte lieber erkämpfen als durch Regelverstöße geschenkt bekommen wollen.

Ich möchte auch ein solch fairer und sportlicher Skatspieler sein. Und vor diesem Erlebnis war ich mir nicht sicher, wie ich in einer ähnlichen Situation als Gegenspieler reagiert hätte. An diesem Tag habe ich meine eigene Messlatte für Fairness beim Skat noch ein wenig höher gelegt.

Ein anderer Fall, bei dem ich zum Glück auf der anderen Seite saß. Eine etwas unerfahrene Skatspielerin reizte bis 36, schob den Skat ungesehen zu sich und sagte „Kreuz“ an. Vorhand wartete geduldig. Irgendwann fragte ich (in Hinterhand): „Was spielst Du?“. „Kreuz“, wiederholte sie. Nachdem Vorhand sich weiterhin weigerte, eine Karte auszuspielen, ergänzte sie: „Hand“. Dann eröffnete Vorhand das Spiel. Sie kannte die Regel nicht, nach der jede Spielstufe, die gezählt werden will, auch angesagt werden muss. Nach dem Spiel hatten wir sie darauf hingewiesen. Schneider hätte sie uns nie gespielt, ihr Kreuz Hand hatte sie souverän gewonnen.

Ich werfe keinem Spieler etwas vor, der sich in so einer Situation anders verhält. Vorhand hätte ausspielen können und am Ende des Spiels wäre das Spiel als einfaches Kreuzspiel zu Ungunsten der Alleinspielerin abgerechnet worden. Genau wie ich meinen Grand verloren hätte. Man kann niemandem einen Vorwurf machen, der sich an die Regeln hält und bei seinen Mitspielern auf die Einhaltung dieser Regeln besteht.

Aber diese Beispiele zeigen, dass Skat mehr ist als die Summe seiner Regeln. Und ich bezeichne die Spieler an meinem Tisch lieber als „Mitspieler“ statt als „Gegner“.

Das Skatparadoxon

Ja, der Artikel ist nicht neu. Ich habe ihn in ähnlicher Form schon vor einigen Jahren auf der Skatwelt veröffentlicht. Da hatte ich noch studiert und bin das erste Mal mit dem Geburtstagsparadoxon konfrontiert worden. Da ich das Thema sehr faszinierend finde, lasse ich es hier im Blog nochmals aufleben.

Das Geburtstagsparadoxon besagt folgendes: Es gibt 365 verschiedene Tage, an denen ein Mensch Geburtstag haben kann (den 29. Februar lassen wir jetzt mal weg). Man sollte jetzt denken, dass man daher sehr viele Menschen benötigt, um zwei zu finden, die am selben Tag Geburtstag haben. Tatsächlich sind es aber sehr, sehr viel weniger.

Wir arbeiten hier nämlich mit Wahrscheinlichkeiten. Ich kann 350 Personen in einem Raum haben und dennoch gibt es nicht zwei, die am selben Tag Geburtstag haben. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass es diese zwei Personen mit demselben Geburtstag gibt, ist natürlich sehr hoch.

Tatsächlich genügen bereits 23 Personen, um mit 50%iger Wahrscheinlichkeit zwei Personen mit dem selben Geburtstag zu finden. Bei 50 Personen beträgt die Wahrscheinlichkeit sogar über 97%!

Was hat das Ganze mit Skat zu tun?

Skat ist das Spiel der großen Zahlen. Und die größte mir bekannte Zahl in diesem Zusammenhang ist die Anzahl der möglichen Kartenverteilungen. Und die Zahl ist ganz schön groß.

2.753.294.408.504.640

Das sind 2,7 Billiarden! Zum Vergleich: Die aktuelle Höhe der Staatsschulden der Bundesrepublik Deutschland beträgt (Stand August 2012) 2,1 Billionen. Das ist weniger als ein Tausendstel!

Die Zahl ist so groß, dass sie gerne als Beweis für die Komplexität des Skatspiels herangezogen wird.

So schreibt Egbert Odenbach in seinem Buch „Skat-Therapie“:

Es dauert somit Millionen Jahre, bis drei Spieler genau dasselbe Blatt bekommen, auch wenn sie jeden Tag 10 oder ein paar mehr Stunden zusammensitzen. Zum leichteren Nachrechnen: An fünfzig Millionen Tischen müßten einhundertfünzig Millionen Skatspieler einhundert Jahre lang reizen, ehe sich ein Spiel wiederholt.

Wie ich jetzt zeige, ist diese Aussage falsch. Denn tatsächlich würde es so lange dauern, bis alle möglichen Kartenverteilungen durchgespielt wurden. Aber die Karten werden nach jedem Spiel neu gemischt. Und damit spielen vorangegangene Spiele überhaupt keine Rolle mehr. Theoretisch wäre es also möglich, dass direkt zwei Mal hintereinander die selbe Kartenverteilung gegeben wird (die Wahrscheinlichkeit dafür liegt aber bei gerade einmal 0,000000000000036%).

Genauso wenig, wie wir 365 Personen benötigen, um mit großer Wahrscheinlichkeit zwei Personen mit demselben Geburtstag zu finden, müssen wir nicht 2,7 Billiarden Kartenverteilungen spielen, um zwei Mal auf die selbe Verteilung zu stoßen.

Jetzt zur Mathematik:

Bezeichne p die Wahrscheinlichkeit, dass ein Skatspieler zweimal die gleiche Kartenverteilung erhält. Damit ist q = 1 – p die Wahrscheinlichkeit, dass er nicht zweimal die gleiche Kartenverteilung erhält. Es dürfte klar sein, dass p mit steigender Anzahl von gespielten Spielen ansteigt (und q in gleichem Maße abnimmt).

Diese Wahrscheinlichkeit beträgt

Wobei n die Anzahl möglicher Kartenkombinationen (s.o.) und k die Anzahl gespielter Spiele darstellt. Zur effizienteren Berechnung von q und zur Ermittlung von k gibt es folgende Abschätzung:

Für k errechnen wir nun k = 40.714.229.

Somit erhalten wir für q die Wahrscheinlichkeit von 0,5, also 50%! Somit ist die Wahrscheinlichkeit für p natürlich ebenfalls 0,5.

Dies bedeutet: Nach „nur“ 40.714.229 (vierzig Millionen) Spielen hat der Spieler mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% zwei Spiele mit der gleichen Kartenverteilung gespielt.

Also: Obwohl der Spieler „erst“ 1 / 70.000.000 (ein Siebzigmillionstel) aller möglichen Spiele gespielt hat, hat er mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zwei der Spiele mit der gleichen Kartenverteilung gespielt.

Wenn drei Spieler Tag und Nacht Skat spielen und für jedes Spiel 3 Minuten benötigen, dann benötigen Sie über 15 Millarden (genau: 15.715.150.733) Jahre, um alle möglichen Kartenverteilungen durchzuspielen. Aber sie benötigen „nur“ 232 Jahre, um mit 50% Wahrscheinlichkeit einmal dasselbe Spiel zu spielen.

Natürlich sind 232 Jahre immer noch ganz schön viel. Aber es ist deutlich weniger als 15 Milliarden Jahre.

Also stimmt die Aussage immernoch: Man wird in seinem Leben niemals dieselbe Kartenverteilung zwei Mal spielen.

Oder doch?

Gehen wir das Problem einmal von der anderen Seite an. Wir nehmen uns einen sehr aktiven Skatspieler. Dieser spielt zwischen seinem 20. und 80. Lebensjahr 250 Spiele pro Woche (also ca. 7 Serien am Dreiertisch). Er spielt in diesen 60 Jahren also ca. 780.000 Spiele. Runden wir einmal großzügig auf 800.000 Spiele auf. Das ist immernoch ziemlich weit weg von 2,7 Billiarden (es sind 0,0000003% aller möglichen Kartenverteilungen).

Die Wahrscheinlichkeit, dass er in diesen 800.000 Spielen zwei Mal dieselbe Kartenverteilung gespielt hat, beträgt immerhin 0,03%. Auf den ersten Blick ist das immernoch sehr, sehr unwahrscheinlich, aber wenn man bedenkt, dass die Wahrscheinlichkeit für 6 Richtige mit Zusatzzahl beim Lotto bei gerade einmal 0,0000007% liegt…

Also ist es durchaus möglich, zweimal im Leben dieselbe Kartenverteilung zu spielen. Ich glaube aber nicht, dass das Skatspiel deshalb an Faszination verlieren wird.

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Skat vs. Doppelkopf: Der erlaubte Kartenverrat

Ich gestehe: Ich spiele auch gerne mal Doppelkopf. Wir haben da eine sehr nette Runde, die sich so ca. 10 Mal im Jahr trifft.

Es gibt ja einige Ähnlichkeiten zum Skat. Ich denke auch, dass ich ganz gut Doppelkopf spiele. Aber es gibt beim Doppelkopf etwas, das mich von Anfang an gestört hat.

Für alle Blogleser, die mit Doppelkopf nicht so gut vertraut sind: Doppelkopf wird zu viert gespielt und meistens spielen je zwei Spieler zusammen: Die beiden, die die Kreuz Dame auf der Hand haben (die „Re“-Partei) und die beiden, die die Kreuz Dame nicht haben (die „Kontra“-Partei). Ein wesentliches Element des Spiels ist es, dass die Spieler während des Spiels herausfinden müssen, mit wem sie denn eigentlich zusammenspielen. Nicht selten erkennt man das mit absoluter Gewissheit erst im letzten Stich.

Jetzt zu dem, was micht stört: Es gibt beim Doppelkopf „Konventionen“. Und diese gelten übrigens auch bei Turnieren und anderen höchstoffiziellen Veranstaltungen. Sie haben sogar einen Namen: Das „Essener System“.

Diese Konventionen dienen insbesondere dazu, dass man seinen Spielpartner frühzeitig erkennt, also bevor dieser eine Ansage macht oder eben die Kreuz Dame spielt.

Als Skatspieler stören mich diese Konventionen. Die meisten davon sind nämlich nichts anderes als Kartenverrat. Das, was beim Skat absolut verboten ist und i.d.R. mit dem Verlust des Spiels endet, ist beim Doppelkopf also nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich gewünscht.

Ein Beispiel: Bin ich im ersten Stich in Vorhand und spiele die Herz 10 aus, dann gebe ich zu erkennen, dass ich Re bin, also die Kreuz Dame habe. Mein Partner gibt sich dann schnell zu erkennen, indem er eine Trumpfkarte mit hohem Zählwert dazu gibt (bestenfalls das Karo Ass). Meist ist also bereits im ersten Stich für alle Mitspieler geklärt, wer mit wem zusammenspielt.

Man beachte aber: Das ist keine offizielle Doppelkopf-Regel! Nirgends steht geschrieben, dass ich die Herz 10 nur dann im ersten Stich ausspielen darf, wenn ich Re bin! Ich darf das auch als Kontra-Mann machen. Aber machen Sie das mal auf einem Turnier. Es gibt nur wenige, die das getan haben und heute davon berichten können…

Jetzt könnte man natürlich argumentieren, dass das noch kein Kartenverrat ist. Ich habe einfach nur eine ganz bestimmte Karte ausgespielt, die Mitspieler ziehen daraus ihre Schlüsse.

Aber es kommt noch besser:

Es gibt die „Stille Abfrage“. Das ist echt übel. Diese Konvention geht so:

Vorhand spielt irgendeine Farbe aus. Du hast diese Farbe nicht. Du kannst nun also trumpfen oder eine andere Farbe abwerfen. Jetzt wäre es doch sehr nett, wenn man wüsste, ob der Spieler, der den Stich z.Zt. besitzt, zur eigenen Partei gehört. Eine Möglichkeit ist, eine Ansage zu machen. Man kann dann dem Spieler, dem der Stich z.Zt. gehört, Gelegenheit geben, ebenfalls eine Ansage zu machen (i.d.R. „keine 90“). Der Nachteil ist, dass dann bereits sehr früh eine ziemlich hohe Ansage im Raum steht, die man erst einmal erreichen muss. Die andere Möglichkeit ist die „Stille Abfrage“. Bin ich Kontra, verzögere ich einfach mein Ausspiel. Und zwar so lange, dass es auffällig ist. Das darf ich – gemäß dieser Konvention – nur machen, wenn ich Kontra bin. Ich erwarte damit, dass der Spieler, der z.Zt. im Besitz des Stiches ist, Kontra ansagt, wenn er Kontra ist. Das muss er übrigens auf jeden Fall tun, egal wie schlecht sein Blatt ist. Denn ich habe das durch meine Abfrage ja verlangt. Hält er den Mund, ist er Re und alle Spieler wissen das. Und egal ob eine Ansage erfolgt oder nicht: Alle wissen, dass ich Kontra bin. Und ob der Ausspieler Kontra oder Re ist.

Und das ist nun wirklich absoluter Kartenverrat. Diese Situation ergibt sich nicht aus dem Spiel, sondern ein bestimmtes Verhalten wird dazu genutzt, etwas über mein Blatt zu verraten. Meiner Meinung nach ist das absolut mit dem herausfordernden Vorziehen einer Karte beim Skat vergleichbar (verboten gemäß ISkO 4.2.7).

Das stört nicht nur mich. Nicht wenige Spieler spielen ohne die „Stille Abfrage“. Das ist gemäß dieser Konvention auch erlaubt! Man muss dies aber vor Spielbeginn explizit ankündigen. Manch ein Doppelkopfspieler geht auf Nummer Sicher und fragt vorher bei seinen Mitspielern nach, ob diese mit stiller Abfrage spielen oder nicht.

Obwohl ich nicht viel Doppelkopf spiele, habe ich folgende Situation bereits mehrmals erlebt. Ein Spieler kündigt deutlich an, dass er nicht mit stiller Abfrage spielt. Später im Spiel ergibt sich dann genau die oben geschilderte Situation: Der Spieler muss eine Karte legen und zögert. Vermutlich einfach deshalb, weil er überlegt, welche Karte er legen will oder ob er eine Ansage macht. Der Besitzer des Stichs interpretiert dies als „Stille Abfrage“. Da er keine Kreuz Dame hat, sagt er trotz seines schlechten Blatts Kontra an. Da der zögernde Spieler ohne stille Abfrage spielt, sticht er ein und sagt seinerseits „Re“ an. Ggf. folgen noch weitere Ansagen. Ein teures Spiel. Der Kontra-Mann ist sauer, der Re-Mann wundert sich, da er ja extra angesagt hat, dass er ohne „Stille Abfrage“ spielt. Die Stimmung am Tisch ist hin.