Der vermeintliche Kartenverrat

Sowas war mir auch noch nicht passiert. Aber irgendwann ist immer das erste Mal. Ich war Gegenspieler und nach dem dritten oder vierten Stich in Hinterhand. Der Alleinspieler spielt irgendeine Fehlfarbe aus, mein Mitspieler übernahm und ich überlegte einen Moment, welche meiner drei Karten der Farbe ich zugebe.

Da wirft der Alleinspieler seine Karten hin. Ich hätte meine Karten verraten, er hätte sein Spiel daher gewonnen. Durch mein Zögern hätte ich ganz klar meinem Partner signalisiert, dass ich wenigstens zwei Karten der Farbe hätte. Und das wäre ganz eindeutig Kartenverrat.

Ich war ziemlich baff. Zugegeben bin ich eher ein schneller Spieler. Aber in diesem Spiel war mir sehr schnell klar, dass wir eine ganz gute Chance hatten, das Spiel zu gewinnen. Und da nehme ich mir durchaus mal etwas Zeit.

Daher antwortete ich dem Alleinspieler, dass ich wohl das Recht hätte, mir auch in Hinterhand ein paar Gedanken über die Karte zu machen, die ich legen möchte. Auch wenn das bedeuten könnte, dass mein Partner in Mittelhand irgendwelche Schlüsse daraus zieht.

Es gäbe an der Stelle nichts zu überlegen, da mein Partner ja den Stich gemacht hätte, wäre klar, dass ich die höchste Karte der Farbe zugeben müsste.

Erstmal hat der Alleinspieler ja nicht ganz unrecht. ISkO 4.2.9 sagt hier:

Alle Mitspieler haben sich jeglicher Äußerungen und Gesten zu enthalten, die geeignet sind, die Karten zu verraten oder den Spielverlauf zu beeinträchtigen. […]

Und tatsächlich verrät mein Zögern etwas über mein Blatt. Hätte ich nur eine einzige Karte dieser Farbe, dann hätte es nichts zum Überlegen gegeben. So aber weiß mein Partner, ich habe noch wenigstens eine weitere Karte dieser Farbe. In bestimmten Situationen kann das tatsächlich spielentscheidend sein.

Andererseits muss es wohl erlaubt sein, auch in Hinterhand einen Moment über die richtige Karte nachzudenken. In der konkreten Situation war das nämlich nicht ganz so einfach, wie der Alleinspieler das behauptete. Er hatte eine Lusche der Fehlfarbe ausgespielt, mein Partner hatte mit dem Ass übernommen. Ich hatte die anderen beiden Luschen und den König. Und da habe ich überlegt, wie wahrscheinlich es ist, dass der Alleinspieler noch die 10 und die Dame der Farbe auf der Hand hat. Dann würde ich mit dem König nämlich noch einen Stich machen. Auch dann, wenn er die 10 gedrückt hat. Hat er weder 10 noch Dame auf der Hand, würde ich aber ggf. wichtige vier Augen verschenken.

Der Alleinspieler bestand auf den sofortigen Spielgewinn. Nicht ganz ohne Grund: Tatsächlich war sein Spiel kaum noch zu gewinnen. Er rief einen Schiedsrichter. Und da die Skatordnung kein Ersatz für den gesunden Menschenverstand ist, hat dieser entschieden, dass kein Regelverstoß vorlag. Zum Glück gibt’s da ja noch ISkO 4.5.2.

Alle Teilnehmer haben sich in jeder Situation fair, sachlich und sportlich zu verhalten und kein fadenscheiniges Recht zu suchen.

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